Ausstellung im Palais de l'Athenée, Genf
Art is art and life is life (demoversion)
A r t i s t a s i n p o r t a f o l i o n i g a l e r i a
Ausstellung in der Salle Crosnier, Palais de l'Athenée, Genf.
24. FEBRUAR/ FEVRIER BIS/ AU 21 MÄRZ/ MARS 2009
A la Salle Jules Crosnier du Palais de l’Athénée
Du lundi au vendredi de 14 à 18 heures
Le samedi de 10 à 12 et de 14 à 17 heures
http://www.societedesarts.ch/
Folgende Punkte erklärt das Flugblatt auf den Anschlagbrettern:
Production and distribution of immaterialist art:
1. No exhibitions in commercial galleries.
A r t i s t a s i n p o r t a f o l i o n i g a l e r i a
Ausstellung in der Salle Crosnier, Palais de l'Athenée, Genf.
24. FEBRUAR/ FEVRIER BIS/ AU 21 MÄRZ/ MARS 2009
A la Salle Jules Crosnier du Palais de l’Athénée
Du lundi au vendredi de 14 à 18 heures
Le samedi de 10 à 12 et de 14 à 17 heures
http://www.societedesarts.ch/
Es ist fast schon ein Allgemeinplatz, dass die Institutionskritik immer wieder von den Institutionen vereinahmt wird und sie so immer wieder dafür zuständig ist, die Hegemonie der Institutionen zu stärken. Denn durch diese Inklusion der Kritik erfährt die Glaubwürdigkeit der Institution eben jenes Mass an Steigerung, welches sie der Kritik zubilligt. Je mehr man die Kritik gewähren lässt, umso mehr geht die Institution aus diesem Wettstreit, in dem die Konkurrenten ihre Unversöhnlichkeit allzu willfährig vergessen, als Sieger hervor.
Mit anderen Worten bedeutet der diesbezügliche Vorstoss der Institutionen, dass im schlimmsten Fall die schärfste Kritik an der Institution durch ihre Inkorporierung mittels Institutionalisierung der Institutionskritik abprallt.
Warum kann dies geschehen?
Zum einen leigt es sicherlich daran, dass die Form der Kritik heutzutage allzusehr der Form des institutionellen Diskurses entspricht (oder umgekehrt). Zum anderen scheint es daran zu liegen, dass die tatsächliche Logik der Institution zum Funktionieren ihres Spiels ausgeblendet bleiben muss. Ebenso wird die Chance, sich der institutionellen Logik zu entziehen und durch eine offene Feindschaft zur Institution ein gewisses Mass an Autonomie zurück zu gewinnen, aus Angst nicht mehr mitspielen zu können, selten wahrgenommen. Dabei wären die Mittel hierzu denkbar einfach!
Alle Dialektik bleibt wirkungsloses Teil eines wirkungslosen Spiels, solange sie in modularen Formen vorliegt, die mit den Institutionen kompatibel sind.
Anders ausgedrückt: 1. Wenn die Logik der Institution ist, Geld zu verdienen, so muss dieses Ziel sabotiert werden. 2. Wenn die Logik der Institution ist zu repräsentieren, dann muss die Repräsentation sabotiert werden. Dieses gelingt aber kaum durch das ledigliche Brechen repräsentatorischer Konventionen, da diese innerhalb des zugewiesenen Rahmens nur zu einer Erneuerung der Institution und der Ausweitung ihres Einflussbereichs führt. Auch der weit verbreitete Zynismus, den viele zeitgenössische Künstler angesichts dieser Problematik an den Tag legen, scheint lediglich dazu bestellt, die Unzulänglichkeiten oder den Volontarismus des Künstlers im Umgang mit den institutionellen Rahmenbedingungen zu kaschieren. Also: Ich kritisiere zum Beispiel den Markt, bin aber Teil des selben, also ist meine Kritik folgerichtig mit vorbehalten verbunden. Vorbehalten gegenüber dem eigenen Denken oder zumindest gegenüber einem sich aus dieser Konsequenz ergebenden Handeln. Greife ich die repräsentative Form an, repräsentiere aber dennoch die restaurative Macht der Institutionen sowie der Logik der Institutionalisierung an sich, da ich mich deren Spielregeln unterwerfe, den Sponsoren und ihren Partikularinteressen das Wort rede (zum Bespiel den privaten Sponsoren und ihren Public Private Partnerships, die den Rückzug des Staates aus seinen sozialen und kulturellen Verantwortungen vorantreiben) und somit der Freiheit der Kunst einen Bärensieg erweise, so greife ich mich letztenendes nur selbst an.
Die Immaterialistische Internationale, deren Cheftheoretiker ich bin, hat es sich zum Ziel gesetzt, auf diese Misstände mit einem Massnahmenkatalog zu reagieren, in dem nicht nur die verbale Präsenz unseres Diskurses eine übergeordnete Rolle spielt, sondern auch Gedanken zu Kritik der Produktion und Distribution eine Form von Umsetzung erhalten.
Die Ausstellung in der Salle Crosnier zeigt eine Tisch mit Zeichnungen, die sich kritisch mit Produktion und Repräsentation auseinander setzen. In einem plakativen, teilweise an politische Propaganda angelehnten Stil, liegen hier Kopien von 40 Zeichnungen aus, die in Plastik eingeschweisst sind und so dem Betrachter zur Benutzung zur Verfügung gestellt werden.
Die Besucher der Ausstellung können Zeichnungen auswählen und sie auf dem in der Mitte de Raumes stehenden Fotokopierer kopieren. Die so gemachten Kopien können sich dann als Poster in Büros, als Flugblätter oder als Plakate in der Stadt verteilen. Eine weitere Kopiermöglichkeit stellt ein weiterer Tisch dar, der meine eigenen, künstlerischen Produktionsmittel zu Verfügung stellt: Ein Leuchttisch, Papier und Bleistift. Die denkbar einfachsten Produktionsmittel die ich in Zeiten, in denen manufakturelles und semi-industrielles Arbeiten und ein mitunter sehr grosser Produktions- und Investitionsaufwand die zeitgenössischen Kunstprodukte zu dominieren scheinen, trotzig dem Publikum überlasse. Dabei geht es aber kaum um irgendeine Form relationeller Ästhetik. Die von mir gezeigten Werke stehen für sich selbst und werden in ihrer Autonomie vom Ausstellungsbesucher nicht beeinflusst. Der Zuschauer vervollständigt die Arbeit auch nicht. Die Arbeit ist getan, lediglich die Distributionsform ist anders. Sie untergräbt die repräsentatorische Vorherrschaft der Institution, indem 1. keine Originale gezeigt werden, 2. nichts verkauft wird (die Ausstellung in der Salle Crosnier sind Verkaufsausstellungen. Bei einem Verkauf ergingen 30% des Verkaufspreises an die Institution) und 3. die Ausstellung sozusagen mit nach Hause genommen werden kann. Statt eines Kataloges kann man die Zeichnungen kopieren und man kann sich auch an den Leuchtisch setzen und die Zeichnung selbst anfertigen, unter den gleichen Bedingungen, die auch für mich vorherrschten (nur dass es sich nicht um meine Küche handelt, in der ich normalerweise arbeite, sondern um den gutbürgerlichen Palais de l'Athenée). Der Besucher kann sich seine eigene Ausstellung machen. Zugegebener massen gab es bis jetzt nicht eben viele, die diese Chance genutzt haben. Wichtig dabei ist auf jeden Fall, dass es nicht zur Vervollständigung der arbeit dient, also keine Arbeit an den Besucher weiterdelegiert wurde.
Diese Installation (Titel: "Die Aura des Kunstwerks im Zeitalter der Reproduzierbarkeit der Aura") ist eine analoge Umsetzung des Prinzips der creative commons. Dieses besagt einen relativen Verzicht auf die Urheberrechte, es berechtigt jeden und jede zum freien Gebrauch des Bildmaterials und zu freien Weiterverteilung, verbietet jedoch den kommerziellen Gebrauch und die kommerzielle Distribution. Es besagt weiterhin, dass die technischen Möglichkeiten zur freien Weiterverteilung zur Verfügung gestellt werden müssen, woraus sich auch das tautologische Element der Inszenierung er
klärt.
Folgende Punkte erklärt das Flugblatt auf den Anschlagbrettern:
Production and distribution of immaterialist art:
1. No exhibitions in commercial galleries.
Keine Ausstellungen in kommerziellen Galerien.
2. No exhibitions in institutions sponsored by transnational firms and other dubious companies.
2. No exhibitions in institutions sponsored by transnational firms and other dubious companies.
Keine Ausstellungen in Institutionen, die von transnationalen Korporationen oder ähnlich dubiosen Firmen gesponsort werden.
3. Original artworks are not to be exhibited, sold or brought into circulation. Only copies are acceptable.
3. Original artworks are not to be exhibited, sold or brought into circulation. Only copies are acceptable.
Originale Kunstwerke dürfen weder ausgestellt, verkauft oder sonstwie in Umlauf gebracht werden. Nur Kopien sind erlaubt.
4. No copyright in the usual sense should be upheld. The legal basis of
immaterialist art is the creative commons.
4. No copyright in the usual sense should be upheld. The legal basis of
immaterialist art is the creative commons.
Es gelten keine Urheberrechte im herkömmlichen Sinne. Die gesetzliche Grundlage immaterialistischer Kunst ist das Creative Commons.
5. Selling at cost price is not acceptable.
5. Selling at cost price is not acceptable.
Verkauf ist auch zum Selbstkostenpreis nicht erlaubt.
6. The work must be passed on under the same licence.
6. The work must be passed on under the same licence.
Die Arbeit muss unter der selben Lizenz weitergegeben werden.
7. The rendition of services and performances are gratuitous.
Dienstleistungen und Aufführungen sind kostenlos.
7. The rendition of services and performances are gratuitous.
Dienstleistungen und Aufführungen sind kostenlos.
8. Production fees can be accepted, as long as they are not tied to conditions
or come from a dubious source.
or come from a dubious source.
Produktionsetats sind nur dann zulässig, wenn sie nicht an Bedingungen gebunden sind und einwandfreier Herkunft sind.
9. Dirty money is not to be touched.
9. Dirty money is not to be touched.
Schmutziges Geld wird nicht angefasst.
10. Only the cause counts. The ego is unimportant.
10. Only the cause counts. The ego is unimportant.
Nur die Sache zählt. Das Ego ist unwichtig.
11. Production expenses must be consistent with the work's statement and
form of distribution. If something can be said just as well on a piece of paper
as on a canvas, paper must be chosen. Large format works are thus generally
dismissed.
Die Produktionsmittel und der Arbeitsaufwand müssen mit der Distributionsform im Einklang sein. Kann etwas genauso gut und effizient auf einem Stück Papier gesagt werden wie auf einer Leinwand, muss die Wahl auf das Papier fallen. Grosse Formate sind generell ausgeschlossen.
11. Production expenses must be consistent with the work's statement and
form of distribution. If something can be said just as well on a piece of paper
as on a canvas, paper must be chosen. Large format works are thus generally
dismissed.
Die Produktionsmittel und der Arbeitsaufwand müssen mit der Distributionsform im Einklang sein. Kann etwas genauso gut und effizient auf einem Stück Papier gesagt werden wie auf einer Leinwand, muss die Wahl auf das Papier fallen. Grosse Formate sind generell ausgeschlossen.
Im nächsten Raum habe ich ein Display für eine Demonstration aufgebaut, die ich versuchen werde mit den Crêtes de Champel, einer sporadisch in Erscheinung tretenden immaterialistischen Performancetruppe, in Genf zum Galerienrundgang am 19.März auf die Beine zu stellen. Da ich mich noch mit dem Schweizer Demonstrationsrecht befassen muss, ist aber noch nicht klar, ob es klappen kann. Die handgemalten und selbstgebastelten Schilder stellen ein zusammenhängendes Pamphlet dar, dass -als Demonstrationstrationszug imaginiert- die Schwierigkeit komplexe Problematiken ausserhalb des institutionellen Rahmens zu erörtern. Ein weiterer Faktor sind die sehr gezielten Brüskierungen und unverholenen Beleidigungen gewisser Personengruppen, die innerhalb des Schmuseklubs, der sich Kunstszene nennt, nicht eben alltäglich sind und widerum die Position der Immaterialisten klar machen sollen: die Auto-Affirmation als soziale Randgruppe und die radikale Ablehnung der kontemporären Kultur, welche die Immaterialisten als vom Gedanken der Revolution befreite Fortführung moderner Formalia ansieht und deren Zugeständnisse an das System in ihren technokratischen oder eskapistischen Ausformungen entschieden von sich weist. Ein weitere Post zeigt die Schilder im einzelnen.
Danke an Eva May, Tilo Steireif und Jean-Paul Vienne für die Übersetzungen der vielen Texte, sowie an meine Assistenten Joss Bailly und vor allen Dingen Hayane Kamnakache für die Hilfe bei der Produktion der Ausstellung.